WAZ 28. Februar 2002, ein Bericht von Matthias Armborst


A-52-Gegner formieren sich wieder

Bürgerversammlung in Frillendorf: Nach 10 Jahren machen die Autobahn-Gegner wieder mobil

Zehn Jahre lang hat sie geruht, die Bürgerinitiative gegen den Ausbau der A 52. Die Pläne für die neue Trasse zwischen Frillendorf und Altenessen lagen auf Eis, bis die Bauplaner von Bilfinger & Berger im Sommer 2001 ein neues Konzept vorlegten und die Gruppe "Stoppt die A 52" aus dem Domröschenschlaf weckten.

Etwa 80 Bürger kamen am Dienstagabend zu einer Info-Veranstaltung in den Gemeindesaal der evangelischen Kirche in Frillendorf, jeweils 50 Teilnehmer waren es zuvor in Stoppenberg und Altenessen. Vor allem diese Frage eines Anwohners stand dabei im Raum: "Kann man das Projekt noch stoppen?"

"Es ist noch rechtzeitig", meint zumindest Anwohner-Sprecher Dieter Zimek und kündigt an, mit seiner Gruppe auf Volksfesten Flagge zu zeigen: "Beim Helenenpark-Fest wollen wir die geplante Trasse durch den Park abstecken, um den Stoppenbergern deren Ausmaße vor Augen zu führen." Zimek malt ein düsteres Bild von einem Essener Norden mit verlängerter A 52: Mindestens zehn Jahre hätten die Anlieger unter einer Großbaustelle zu leiden. Viele Immobilien würden zwischen 20 und 30 Prozent an Wert verlieren, Enteignungen seien nicht auszuschließen. "Nach einem Gutachten von 1992 würde die neue Straße von bis zu 100 000 Fahrzeugen täglich genutzt", so Zimek weiter. Die Folge könne eine Verödung der Wohnviertel entlang der Autobahn-Trasse sein. "Auch an der A 40 wohnt niemand mehr, der es sich leisten könnte, wegzuziehen."

Das Argument der Planer, große Teile der etwa 6,8 Kilometer langen Autobahn-Strecke würden anwohnerfreundlich als Tunnel gebaut, will die Bürgerinitiative nicht gelten lassen: "Bergmännisch gebaute Tunnel gibt es nur auf einer Strecke von weniger als einem Kilometer." Nach der derzeitigen Planung von Bilfinger & Berger würden insgesamt 1,7 Kilometer Tunnel offen gebaut.

Den Vorschlag der Planer, die neue A 52 durch Mautgebühren zufinanzieren, hält Dieter Zimek für unrealistisch: "Kaum ein Pendler wäre bereit, bis zu 2,60 € für eine einfache Fahrt auf dem kurzen Teilstück zu bezahlen." Außerdem müsste eine viel zu große Fläche für Kassenanlagen eingeplant werden. Zimek bezeichnet diese Finanzierungs-Idee als einen Trick der Planer, die A 52 wieder ins Gespräch und dann auf den Weg zu einem Planfeststellungsverfahren zu bringen.

Fragen von WAZ-Reporter
Matthias Armborst

Norbert Königshofen.
Der Essener Bundestagsabgeordnete ist verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

Patrik Köbele.
Der Stoppenberger engagiert sich seit langem in der Gruppe "Stoppt die A 52" und ist einer ihrer Sprecher.

Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz:
Der A52-Ausbau bedeutet für Essen...

... und seine Bürger insgesamt einen wichtigen Schritt in Richtung weniger Verkehrschaos, weniger Lärmbelästigung und eine bessere Verkehrsanbindung.

... fünf bis zehn Jahre Baustelle mit Dreck, Lärm und Abgasen. Danach Abgase und Lärm von bis zu 100.000 Autos täglich, kaum bis gar keine Entlastung der heutigen Problembereiche, Verlust an Lebens- und Wohnqualität sowie an Grünflächen. Wer kann, wird aus den betroffenen Gebieten flüchten. Altenessen, Stoppenberg und Frillendorf werden zerschnitten, denn nur geringe Teile der Strecke sind als Tunnel geplant.

Kann die neue A 52 die Verkehrsprobleme am Knotenpunkt Essen-Ost lösen?

Ja- und nicht nur diese Probleme. Die A 52 wird zu einer Entspannung des gesamten innerstädtischen Verkehrs beitragen. Außerdem schafft sie den längst überfälligen Korridor für den Ruhrgebiets-Durchgangsverkehr in Nord-Süd-Richtung und umgekehrt.

Nein, sie wird sie eher verstärken. Die Ursache der Probleme ist die Fehlplanung der Auffahrt in Frillendorf, die zu Rückstaus führt. Die A52 würde diesem Engpass nur noch mehr Verkehr zuführen

Wirtschaftsvertreter und viele Autofahrer wünschen sich eine verlängerte A 52, Anwohner fürchten um ihre Lebensqualität. Wessen Interessen wiegen schwerer?

Es geht nicht um eine Entscheidung zugunsten einer Interessengruppe. Man muss den Zusammenhang sehen: Der A52-Weiterbau bringt den Menschen - vor allem im Bereich der B 224 - aber auch im gesamten Ruhrgebiet mehr Vor- als Nachteile. Auch die Anwohner im Essener Norden gehen nicht leer aus: Wo Belastungen drohen, wird die A 52 in Tunnel- oder in Troglage geführt.

Eigentlich müssten es die Interessen der Menschen, die hier leben sein, gerade, wenn dauernd über Stadtflucht lamentiert wird. Wie so oft fürchte ich aber, dass die offizielle Politik dem zwar mit Worten zustimmt, aber das Gegenteil tut.

Was halten Sie von der Idee, den Autobahn-Bau durch eine Maut-Gebühr zu finanzieren?

Verkehrspolitik wird durch zwei Grundtatsachen bestimmt. Erstens: Zunahme des Verkehrs - egal, ob man das gut findet oder nicht. Zweitens: Die chronisch angespannte Haushaltslage in Bund und Land zwingt die Politik, nach zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten von Verkehrsinfrastruktur zu suchen. Deshalb halte ich die Idee, den Autobahn-Bau privat zu finanzieren, grundsätzlich für eine begrüßenswerte Idee. Zu entscheiden ist aber immer von Fall zu Fall.

Ich bin mir sicher, dass dies ein Trick ist, um vorzugaukeln, dass der Ausbau finanzierbar ist. Dadurch soll die A52 wieder realistisch erscheinen. Später wird man das fallen lassen - dann muss der Steuerzahler blechen (schon vor zehn Jahren stand eine Summe von 375 Mio Euro im Raum). Sollte die Maut-Gebühr tatsächlich kommen, würde das den Essener Bürgern wenig nützen: Welcher Pkw-Fahrer kann schon zwischen 1,38 und 2,70 Euro pro Fahrt bezahlen?

Gibt es Alternativen zum Ausbau-Projekt?

In diesem Fall nicht. Grundsätzlich geht es aber darum, die verschiedenen Verkehrsträger intelligent zu vernetzen. Zugespitzt formuliert: Verkehrspolitische Probleme löst man nicht allein durch Autobahn-Neubauten. Umgekehrt ist es aber unsinnig zu meinen, man wäre alle Probleme los, wenn man auf Autobahn-Neubauten verzichtet. Leider gibt es hier keine einfachen Lösungen.

Ja. Verstärkte Anstrengungen, um mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen und den quantitativen und qualitativen Ausbau des Öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs, der ja insbesonders in West-/Ost-Richtung völlig unterentwickelt ist.

A52-Logo

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