Nordanzeiger vom 16. Januar 2002


Der tägliche "Wahnsinn" auf Essens Stadtautobahnen

Nicht nur rund um den "Ruhrschleichweg" fühlen sich die Bürger schon lange ausge- (*)

Zu laut, zu voll, zu stinkig, so sehen die Essener die großen Autobahnen in der Ruhrmetropole. Politisch wird schon seit vielen Jahren nach Lösungen gesucht. Nicht zuletzt, weil Bürgerinitiativen intensiv versuchen, auf Anwohnerbelange aufmerksam zu machen. Doch geändert hat sich bisher nichts, weder an der Haushaltslage der Stadt, noch an greifbaren Ansätzen. Eine Bestandsaufnahme...

Eine Verelendung der in Frohnhausen und Holsterhausen an die Autobahn A40 grenzenden Wohngebiete befürchtet die Initiative ,,Einwohnerlnnenantrag Lärmschutz A40". "Der Verdacht drängt sich auf, dass Teile der Essener Politik und Verwaltung dies billigend in Kauf nehmen, um in einigen Jahren die Häuser abzureißen und Gewerbegebiet zu schaffen", so Maria Jammes, eine der Sprecherinnen der Initiative. Bereits jetzt stünden bis zu 25 Prozent der Wohnungen leer. Ein Abfall der Sozialstruktur in diesem Gebiet sei zunehmend die Folge.

Die Initiative hat vor wenigen Monaten ihre Arbeit erfolglos beendet. Maria Jammes: "Die erforderlichen 8.000 Stimmen für einen Einwohnerlnnenantrag wurden nicht erzielt. Nur 4.000 Stimmen konnten gesammelt werden. Das Ziel: Der Rat der Stadt sollte aufgefordert werden, sich erneut mit dem seit Jahrzehnten geforderten Lärmschutz an der A40 zu beschäftigen und für sofortige Lärmschutzmaßnahmen - auch ohne Deckel - zu sorgen."

Die "Grüne Ratsfraktion" habe dies ebenfalls nochmals versucht, sei aber im Ausschuss für Stadtplanung an den Stimmen der SPD und CDU gescheitert.

"Der Lärm an der A40 hat mit jedem Jahr zugenommen. Die SPD streut den Bürgern mit ihrem neuen Vorstoß in Wahlkampfzeiten nur Sand in die Augen. Wieso sollte sich plötzlich etwas ändern? Die Chancen auf Verbesserung der Situation sind gleich Null."

Der offizielle Vorschlag der Initiative: Wegziehen!

An anderen Stellen in Essen sei es mit dem Lärmschutz besser bestellt. Maria Jammes: "Die A52 wurde später gebaut und da mussten auch strengere Vorschriften berücksichtigt werden."

Grund zum Handeln beim Lärmschutz an der A40, der noch aus dem Anfang der 80er Jahre stammt, sieht NRW-Verkehrsminister Ernst Schwanhold. Bei einer Bürgerversammlung im Jugendzentrum Essen mit vorhergegangener Ortsbesichtigung sagte er: "An einer der am stärksten belasteten Straßen zu wohnen, ist eine arge Zumutung. Passiver Lärmschutz hilft da ein bisschen, ist aber keine dauerhafte Lösung. Wo die Tunnellösung möglich ist, muss sie auch gemacht werden."

Das Problem bei dem viel diskutierten Deckel für die Autobahn sind zur Zeit allerdings die Essener Stadt-Finanzen. Die Stadt Essen hat das Thema erst einmal bis zum Jahr 2005 zurückgestellt. Mit einer anschließenden Planungsphase ist daher nicht vor 2010 mit der Umsetzung des Deckels zu rechnen.

Schwanhold: "Das sind acht Jahre, die ich den Menschen nicht zumuten möchte." Daher müssten vorerst passive Lärmschutzmaßnahmen an die Stelle der eindeutig effektivsten Lösung treten. Denkbar ist dabei ein neuer Straßenbelag, und zwar offenporiger Asphalt. Dieser "Flüsterasphalt" führe zu einer Reduzierung des Lärms um fünf Dezibel, bei relativ geringen Kosten im Vergleich zum Tunnel. Die Tunnellösung bliebe aber weiterhin zusätzlich möglich.

"Die Verlegung des Flüsterasphalts könnte im Jahr 2003 realisiert werden", versprach der Verkehrsminister.

Für die Bauphase müsste die Autobahn allerdings abschnittsweise gesperrt werden, da die Asphaltdecke nur in ihrer gesamten Breite aufgetragen werden könne.

Die Projektgruppe A40, in der sich Mitglieder der sechs an der A40-liegenden SPD-Ortsvereine zusammengeschlossen haben, begrüßte diese Aussagen, hatte aber noch eine Reihe von weiteren Forderungen. Die Hauptforderung ist dabei eine Geschwindigkeitsreduzierung.

Dieter Hilser, MdL, erklärte: "In dem Tunnel auf der A40 gilt aus Sicherheitsgründen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h. Warum kann eine solche Begrenzung nicht auch im Bereich der Wohnbebauung gelten? Es geht dabei vor allem um die Ruhezeiten wie nachmittags, nachts und am Wochenende." Weiterhin sei ein Überholverbot für LKW im gesamten Bundesgebiet überlegenswert. "Essen könnte dabei ein Modellprojekt werden", so Hilser.

Alfred Hullmann, Ratsherr der SPD Frillendorf, wurde noch deutlicher: "Nachts und an Feiertagen fordern wir 60 km/h."

Ernst Schwanhold relativierte, dass eine Geschwindigkeitsreduzierung nicht den Effekt erzielen würde, wie man annehmen könnte. Bei einer Reduzierung von 100 auf 80 Kilometer pro Stunde sänke die Lärmbelästigung nur um ein einziges Dezibel, was kaum wahrnehmbar sei. Dennoch zeigte der Minister sich dem Vorschlag gegenüber gesprächsbereit, die Verkehrslenkungsanlage für eine kurze Zeit probeweise für eine Geschwindigkeitsreduzierung zu nutzen und anschließend die Bürger über ihre Meinung zu befragen.

Thema einer öffentlichen Diskussion ist bereits seit einigen Monaten ein möglicher Ausbau der A 52. Im vergangenen Jahr stellte Oberburgermeister Wolfgang Reiniger einen Realisierungsvorschlag der Bilfinger+Berger GmbH (BOT) vor. Die Planungen sehen eine Finanzierung des Projektes per Maut vor.

Der Bau der Strecke zwischen den Autobahnanschlüssen A 40 und A 42 würde schätzungsweise rund 375 Millionen Euro kosten. Die reinen Baukosten belaufen sich auf über 300 Millionen Euro - Beträge die in den Kassen einer maroden Stadt wie Essen wohl kaum zu finden sind. Die Lösung liegt, so die BOT, in einer privatwirtschaftlichen Realisierung. Firmen, die in den 6.795 Meter langen Autobahnabschnitt investieren, erhalten zukünftige Einnahmen durch die Einführung einer Maut auf dieser Strecke. Geht es nach den Vorstellungen von OB Reiniger, könnte in drei Jahren mit dem Bau begonnen werden, die ersten Pkw würden dann ab dem Jahr 2008 über den Asphalt rollen. Ohne eine Anschubfinanzierung mit öffentlichen Fördermitteln wäre der Autofahrer mit einer Maut in Höhe von bis zu 2,50 Euro pro Nutzung dabei. Kein billiges Vergnügen für Pendler, die nach den bisherigen Untersuchungen wohl den Hauptanteil des Verkehrsaufkommens ausmachen würden.

Auch mit einer Anschubfinanzierung könnte das Fahren auf der neuen Strecke die Geldbörse mit bis zu 1,50 Euro belasten. Mehr Verkehr würde die Preise sinken lassen und die Dauer der Mut möglicherweise um einige Jahre verkürzen.

Clind/ek/bI.

(*): "ausge-" Druckfehler, so original im Nordanzeiger

A52-Logo

Ihre Ansprechpartner:

Stadtteil Altenessen

Joachim Drell
Kleine Hammerstr. 36
45326 Essen
Tel. 24 76 433 oder
77 69 27
Jo.Drell(AT)gmx.de

Christian Heidelauf
Vogelheimer Str. 43
45326 Essen
Tel. 83 30 086
Christian(AT)Heidelauf.com

Stadtteil Stoppenberg

Patrik Köbele
Kleine Rahmstr. 54
45326 Essen
Tel. 31 62 365
Patrik.Koebele(AT)web.de

Günter Neumann
Lauenbüschken 30
45141 Essen
Tel. 31 34 38
guenter.neumann(AT)versanet-online.de

Stadtteil Frillendorf

Dieter Zimek
Heimstättenweg 8
45139 Essen
Tel. 21 04 61r-d_zimek(AT)gmx.de

Walter Heymann
Frillendorfer Str. 176
45139 Essen
Tel. 28 47 55

Verantwortlich für die Seitengestaltung: Christiane Wandtke, Altenessener Str. 525, 45329 Essen, christiane.wandtke(AT)gmx.de